Anforderungen
an den Hundezüchter
Heute pflanzen sich Hunde
nicht mehr in der Wildnis fort, die Zucht wird durch den Menschen
kontrolliert. Man muss definieren, was wirklich einen Züchter ausmacht.
Im weitesten Sinn ist es
leicht, Hundezüchter zu werden. Alles, was man braucht, ist eine Hündin,
Zugang zu einem Rüden der gleichen Rasse und schon ist man im Geschäft.
Sehr viele Menschen tun über ihr ganzes Leben nichts anderes, sie haben
eine Hündin, meist eine ganze Anzahl von Hündinnen, möglicherweise auch
Rüden - und sie paaren diese zu gegebener Zeit und verkaufen den
Nachwuchs. Selbst wenn ein Mensch dies über zehn Jahre oder länger tut -
ja über sein ganzes Leben - ist er dadurch nicht zum Züchter geworden.
Er ist und bleibt ein reiner Vermehrer.
Die Hundewelt ist voller
Vermehrer, einige von ihnen haben durch Herausbringen eines gelegentlichen
Siegers sogar Erfolge erreicht, trotzdem sind sie keine Hundezüchter.
In vielen Ländern gibt es Leute, die Wurf um Wurf eine Einzelrasse oder -
häufiger eine Reihe von Rassen - hervorbringen, natürlich in erster
Linie Rassen, die gefragt sind, hohe Preise erzielen. Solche Leute sind
kaum besser als die "Welpenfarmen", verdienen mit Sicherheit nicht
die Bezeichnung Hundezüchter, es sei denn, man setzt diesen Begriff in
Anführungszeichen.
Ein wirklicher Hundezüchter
ist ein Mensch, der an Hunden im allgemeinen lebhaft interessiert ist,
sich einer Rasse besonders verschrieben hat und versucht:
a)
alles
zu lernen was er/sie über die Rasse zu lernen vermag
b)
einen
solchen Hund kauft und mit der Rasse lebt
c)
gelegentlich
einen Wurf züchtet, aber immer sorgfältig plant, stets versucht, die
Qualität seiner/ihrer Zucht zu verbessern
d)
seine/ihre
Hunde richtig sozialisiert, hält und füttert; sich nachhaltig darum bemüht,
die Hunde voll in den eigenen Haushalt zu integrieren - völlig unabhängig
davon, ob es sich um Haus- oder Zwingerhunde handelt. Um dies zu erreichen
werden nur so viele Hunde gehalten, wie man sich auch tatsächlich
intensiv
mit ihnen zu befassen vermag
.
e)
der
seine ganze Aufmerksamkeit auf Defekte und Fehler in der Rasse richtet,
ihr Auftreten durch alle zur Verfügung stehenden genetischen Maßnahmen
vermindert.
f)
seine
Welpen zu fairen Preisen verkauft, sich so weit wie irgend möglich
vergewissert, dass sie in gute Hände kommen. Unbedingt erforderlich ist
eine bleibende Verbindung zu den Käufern, die diesen Hilfen garantiert.
g)
der
immer einen klaren ethischen Ehrencode aufrechterhält, ob dies der
Rassezuchtverein verlangt oder nicht
h)
der gewährleistet,
dass wenn einer seiner/ihrer Hunde je in Not gerät, sie unbedingt zurückgenommen
werden, er ihnen ein neues Zuhause sucht oder in seinem eigenen Zwinger
aufnimmt
i)
der
mit anderen Züchtern zum Wohle der Rasse eng zusammenarbeitet. Dies
bedeutet nicht, dass nicht ein gesunder Wettbewerb der Züchter
untereinander herrscht.
j)
der
den Fortschritt der Rasse immer über den persönlichen Ruhm oder eigene
Macht stellt.
Es gibt nichts unethisches
daran, wenn man aus der Hundehaltung seinen Lebensunterhalt, eigenes
Einkommen
erzielt, vorausgesetzt, der Fortschritt der Rasse wird dabei nicht
geopfert. Es ist auch keinesfalls ein "Verbrechen", wenn in einer
Zucht Defekte auftreten, denn es entspricht einfach genetischen Gesetzen,
dass dies in jedermanns Zwinger passieren kann. Entscheidend vielmehr ist,
was man tut, wenn solche Defekte auftreten, wie sehr man sich darum bemüht,
das Risiko derartiger Defekte von vorne herein auszuschalten. Solche
"Züchter", die sich überhaupt nicht darum kümmern, die
elementarsten Vorkehrungen zu treffen, um in ihrer Zucht bekannte Fehler
zu meiden, sind für die Rasse eine Schande. Und all jene, die, wenn in
ihrer Zucht ein Problem auftritt, dieses "schnell begraben", alles
verschweigen, stellen ihren eigenen persönlichen Status der Macht und des
Ruhmes vor das Gedeihen der Hunderasse. Keine dieser Gruppen (die häufig
noch zusammenfallen) verdient den Titel Hundezüchter.
Wenn Du ein echter
engagierter Hundezüchter sein willst, dann solltest Du - um Präsident J.
F. Kennedy abgewandelt zu zitieren - "niemals danach fragen, was die
Rasse für Dich tun kann, sondern was Du für die Rasse zu tun
vermagst." Viel zu viele Menschen in der Hundewelt - einige davon in
recht hoher Funktion -sind viel mehr Nehmende als Gebende. Sie nehmen
Geld, Macht, Prestige und Ruhm von ihrer Hunderasse, geben wenig oder gar
nichts zurück. Die meisten Hunderassen wären besser ohne solche Funktionäre
dran, auch viele Hundevereine hätten es ohne sie leichter. Das Richten
der meisten Rassen würde davon profitieren, wenn weniger Ruhmsüchtige
dem Richten frönten, die auf ihrer Liste Hunderasse um Hunderasse führen
- so wie andere Briefmarken sammeln.
Hunde werden häufig als
Ausdruck des Egos ihres Besitzers beschrieben. Für viele Hundehalter wird
ein Kritisieren ihrer Hunde zur Kritik an sich selbst. Aber einzig und
allein durch konstruktive Kritik können Fortschritte erzielt werden.
Wenn Züchter Fortschritte machen sollen, müssen sie nicht nur in der
Lage sein, ihre eigenen Fehler zu erkennen, sondern am allerwichtigsten
die ihrer Hunde. Rosarot gefärbte Spektakel werden in der Hundewelt viel
zu häufig veranstaltet, viel zu oft verfassen Richter (die es besser
wissen sollten) blumige Kritiken der Hunde, um nicht durch die einfache,
ungeschminkte Wahrheit die Gefühle der Aussteller zu verletzen. Fehler müssen
immer ins richtige Verhältnis gesetzt werden, niemals wird man
Fortschritte erzielen, wenn vorhandene Fehler nicht klar aufgezeigt
werden.
Auszug mit freundlicher Genehmigung
aus:
M. B. Willis, "Genetik der Hundezucht", Kynos Verlag
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